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Teamwork im Molekül
Gemeinsam lässt sich mehr erreichen als alleine. Diese alltägliche Erkenntnis haben Chemiker der Universität Jena auf eine Verbindung angewandt, die zwei Gallium-Atome enthält. Diese arbeiten so zusammen, dass sie die besonders starke Bindung zwischen Fluor und Kohlenstoff in anderen Substanzen spalten können (DOI: 10.1021/ jacs.0c12166Externer Link). Mithilfe von Röntgenstruktur-Analysen konnten die Forschenden um Juniorprofessor Dr. Robert Kretschmer belegen, dass während der Spaltungsreaktion ein Galliumatom das Fluor bindet und das andere den Rest der Kohlenwasserstoff-Verbindung. »Jetzt, wo dieser Schritt geschafft ist, können wir dieses Konzept weiterentwickeln«, sagt Kretschmer. »Wünschenswert wäre es, wenn die Reaktion zu einem vollständigen Katalysezyklus weitergeführt werden kann.« [MK]
Pflanzenvielfalt auf dem Rückzug
Für eine Studie des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig (iDiv) wurden 29 Millionen Daten zur Verbreitung von Gefäßpflanzen ausgewertet – die bisher umfassendste Analyse von Pflanzendaten aus Deutschland (DOI: 10.1111/gcb.15447Externer Link). »Die Ergebnisse zeichnen ein sehr düsteres Bild des Zustandes der Pflanzenvielfalt in Deutschland«, sagt Erstautor Dr. David Eichenberg. In der Fläche ist über ganz Deutschland hinweg in jedem Rasterfeld (ca. 5 mal 5 Kilometer) ein mittlerer Rückgang der Artenvielfalt, um rund zwei Prozent pro Jahrzehnt zu verzeichnen. Zu den Verlierern zählen insbesondere Archäophyten – das sind Arten, die durch den Menschen, aber bereits vor der Entdeckung Amerikas nach Deutschland gelangten. Dagegen konnten sich viele Neophyten (Arten, die nach 1492 Deutschland erreicht haben) ausbreiten. [iDiv/ST]
Von Sonnenlicht zu Wasserstoff
Ein Team des Sonderforschungsbereichs »CataLight«, an dem die Universität Jena beteiligt ist, hat neuartige organische Farbstoffe mit edelmetallfreien Katalysatormolekülen kombiniert, die unter Lichtbestrahlung in Wasser gasförmigen Wasserstoff freisetzen (DOI: 10.1002/chem.202004326Externer Link). Dabei nutzten die Forschenden Rylen-Farbstoffe, die besonders stabil gegenüber Licht und chemischen Prozessen sind. »Die in der Forschung eingesetzten, lichtabsorbierenden Metallkomplexe enthalten oftmals Ruthenium oder Iridium. Diese Metalle machen am Massenanteil der Erdkruste allerdings weniger als 0,1 Millionstel Prozent aus und sind daher perspektivisch limitiert«, erklärt Prof. Dr. Kalina Peneva. Der Einsatz von photoaktiven Verbindungen auf organisch-chemischer Basis sei deutlich nachhaltiger als die Verwendung von Schwermetallen. [sl]
Resistenz gegen Antibiotika
Antibiotika, wie Penicillin, entfalten ihre Wirkung dadurch, dass sie die Zellwand der Bakterien angreifen, indem sie deren Synthese behindern. Doch sind die Bakterien diesem Angriff nicht hilflos ausgeliefert. Ein Forschungsteam der Universität Jena hat jetzt ein Molekül – eine Ribonukleinsäure namens VadR – entdeckt, das die Antibiotika-Resistenz des Cholera-auslösenden Bakteriums Vibrio cholerae entscheidend beeinflusst (DOI: 10.1038/s41467-020-19890- 8Externer Link). So hemmt VadR die Synthese eines Bakterien-Proteins, das u. a. die Krümmung des stäbchenförmigen Bakteriums V. cholerae (Bild rechts) steuert. »VadR ist jedoch nur eines von vielen Molekülen, die in die Genexpression bei V. cholerae eingreifen können. Wenn wir all diese Moleküle, deren Funktionen und ihr Zusammenspiel verstehen, können wir daraus neue Therapieansätze ableiten«, sagt Studienleiter Prof. Dr. Kai Papenfort. [AG]
Veränderte Blühphasen bei Pflanzen
Insekten haben einen entscheidenden Einfluss auf die Biodiversität und Blühphasen von Pflanzen. Das haben Forschende der Universität Jena und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig (iDiv) herausgefunden (DOI: 10.3389/fpls.2020.542125Externer Link). Fehlen Insekten im Umfeld der Pflanzen, verändert sich deren Blühverhalten. »Durch diese Veränderungen kann es zu einer zeitlichen Diskrepanz zwischen Pflanzen- und Tierarten kommen. Daraus resultieren negative Folgen für das Ökosystem«, sagt Josephine Ulrich, die Erstautorin der Studie (Foto). Beispiele dafür sind die Nahrungsmittelversorgung der Insekten und der Bestäubungserfolg. Diese Verschlechterung der Ökosystemfunktion könnte einen weiteren Artenverlust nach sich ziehen, etwa durch zunehmenden Schädlingsbefall bei Pflanzen. [Viv]
Intelligente Nanomaterialien
2D-Materialien bestehen aus nur einer Lage von Atomen und sind sehr vielseitig einsetzbar. In Kombination mit Lichtwellenleitern ermöglichen die ultimativ dünnen Materialien neue Anwendungen im Bereich der Sensorik, der nichtlinearen Optik und der Quantenelektronik. Allerdings war es bisher sehr aufwendig, die beiden Komponenten zusammenzubringen, da die hauchdünnen Schichten per Hand auf den Wellenleiter transferiert werden mussten. Jenaer Forschenden ist es gemeinsam mit australischen Kollegen gelungen, erstmals 2D-Materialien direkt auf optischen Fasern wachsen zu lassen (DOI: 10.1002/adma.202003826Externer Link). Verantwortlich für den Erfolg ist ein von Prof. Dr. Andrey Turchanin und seinem Team vom Institut für Physikalische Chemie entwickeltes neuartiges Wachstumsverfahren. [sh]
Neuer Stromspeicher ist effizienter
Um erneuerbare Energien dauerhaft nutzbar zu machen, werden geeignete Stromspeicher gebraucht. Als solche bieten sich sogenannte Redox-Flow-Batterien an, bei denen die stromspeichernden Komponenten in einem Lösungsmittel gelöst und dezentral gelagert werden. Bisher allerdings wiesen diese Stromspeicher zwei Schwächen auf, die eine breite Anwendung verhinderten: Zum einen kamen als Elektrolyt häufig umweltgefährdende und giftige Schwermetallsalze wie Vanadium zum Einsatz, zum anderen benötigten sie ein aufwendiges Kühlungssystem. Forschende der Universität Jena haben nun neue Polymerelektrolyte für Redox-Flow-Batterien entwickelt, die leistungsfähig und umweltfreundlich zugleich sind (DOI: 10.1002/aenm.202001825Externer Link). »Die Redox-Flow-Batterie kann einen wichtigen Beitrag als Stromspeicher der Zukunft leisten«, sagt Projektleiter Prof. Dr. Ulrich S. Schubert. [sh]
Durchleuchten im Nanobereich
Physikern der Universität Jena ist es gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Duisburg, Grenoble und Madrid gelungen, einen der kleinsten Röntgendetektoren weltweit mit einer Auflösung von gerade einmal 200 Nanometern zu entwickeln (DOI: 10.1038/s41467-020-18384-xExterner Link). Für die hohe Auflösung des Detektors sorgt die geringe Größe des verwendeten Halbleiter-Nanodrahts. Der Detektor der Jenaer Forscher zielt nicht darauf ab, in der Medizin zum Einsatz zu kommen. Vielmehr kann die Methode wertvolle Informationen bei der Untersuchung von Materialien liefern. »Viele Bauteile – etwa in Chip-basierten Sensoren oder physikalischen Lichtquellen – werden immer kleiner«, sagt Maximilian Zapf (im Bild rechts). »Unser Detektor könnte verwendet werden, um solche nanoskaligen Elemente zu prüfen und ihr Material zu charakterisieren«, ergänzt Prof. Dr. Carsten Ronning (im Bild links). [sh]