Prof. Dr. Silvana Botti und Doktorand Jens Renè Suckert gehören zum Forschungsteam.

Physik-Durchbruch des Jahres

Jenaer Forschungsteam ebnet den Weg zum Siliziumlaser
Prof. Dr. Silvana Botti und Doktorand Jens Renè Suckert gehören zum Forschungsteam.
Foto: Jürgen Scheere (Universität Jena)

Für die Entwicklung einer Licht abstrahlenden Siliziumlegierung sind Forschende der TU Eindhoven und der Universität Jena zusammen mit Partnern der Universität Linz und der TU München vom Fachmagazin Physics World als »Breakthrough of the Year 2020« ausgezeichnet worden. Die prämierte Arbeit könnte die optische Datenverarbeitung in den kommenden Jahren revolutionieren, ermöglicht sie doch erstmals den Bau photonischer Computerchips.


Text: Ute Schönfelder

Modellhafte Darstellung der Kristallstruktur von Silizium: kubisch.

Foto: Silvana Botti/Universität Jena

Das Team, dem Jens Renè Suckert und Prof. Dr. Silvana Botti von der Univer­sität Jena angehören, hat in seiner im April 2020 vorgelegten Arbeit erstmals gezeigt, dass sich Siliziumlegierungen eignen, Photonen in nennenswerter Größenordnung auszusenden. Damit ebnen die Forschenden den Weg zu Si­liziumlasern, die die optische Datenver­arbeitung revolutionieren könnten. Das Magazin Physics World ehrt seit 2009 jährlich mit dem »Breakthrough of the Year« internationale Wissenschaftlerin­nen und Wissenschaftler.

»Unsere Arbeit macht erstmals silizi­umbasierte photonische Computerchips möglich, die wesentlich schneller und energiesparender arbeiten können als die bisherigen elektronischen Chips«, ordnet Prof. Silvana Botti die Bedeutung der Entwicklung ein. Solche Mikrochips, die mit Lichtteilchen (Photonen) anstatt Elektronen kommunizieren, brauchen einen integrierten Laser, der die Daten­signale direkt auf dem Chip produziert. Das Halbleitermaterial Silizium galt bis­lang jedoch als äußert schwacher Lichtsender. Ursache dafür sind die Symme­trieeigenschaften seiner elektronischen Energiezustände. Um Photonen, also Licht, auszusenden, müssen Elektronen im Halbleiter aus einem angeregten Zu­stand – dem Leitungsband – in einen energieärmeren Zustand – das Valenz­band – »springen«. »Im Siliziumkristall sind diese beiden Bänder jedoch so ge­geneinander versetzt, dass der Elektro­nenübergang nur schwer möglich ist«, erläutert Jens Renè Suckert, der einer der Erstautoren der ausgezeichneten Arbeit ist. Diese sogenannte indirekte Bandlücke verhinderte daher bislang eine effiziente Photonenfreisetzung aus Silizium.

Modellhafte Darstellung der Kristallstruktur von Silizium: hexagonal.

Foto: Silvana Botti/Universität Jena

In einer Nanodraht-Geometrie ändert Silizium seine Kristallstruktur

Um dieses Problem zu umgehen, hat das Team eine 50 Jahre alte Theorie auf­gegriffen und die Kristallstruktur des Siliziums so modifiziert, dass die indi­rekte Bandlücke aufgehoben wird. Den Forschenden ist es erstmals gelungen, Silizium mit dem Halbleiter Germani­um in einer Legierung statt in seiner kubischen (siehe Abbildung oben) in ei­ner hexagonalen Kristallstruktur (siehe Abbildung rechts) wachsen zu lassen, wodurch der Übergang zwischen Leitungs- und Valenzband erleichtert wird. In dieser Kristallstruktur, so konnten die For­schenden in ihrer im Fachmagazin Na­ture publizierten Arbeit nachweisen, setzt Silizium effektiv Licht frei.

Für die Arbeit haben die Jenaer Phy­siker die Berechnungen der elektroni­schen Eigenschaften der untersuchten Silizium-Germanium-Nanodrähte ge­liefert. »Fundierte Berechnungen sind entscheidend, um zu belegen, dass die Lichtemission tatsächlich aus dem di­rekten Bandübergang der Legierung stammt und um etwaige andere Quel­len auszuschließen«, macht Silvana Botti deutlich. Die Berechnungen waren dabei so präzise, dass sie auch Vorher­sagen darüber erlaubten, bei welchem Germaniumanteil die Lichtemission wie effizient ist und in welcher Farbe das Licht emittiert wird.

Theorie ermöglicht präzise Vorhersa­gen für Experimente

»Die Auszeichnung als wichtigster Durchbruch in der Physik-Forschung ist eine tolle Bestätigung dafür, wie aus der Kombination von theoretischer und ex­perimenteller Forschung wichtige Inno­vationen entstehen können«, freut sich Silvana Botti. Wie die vorliegende Ar­beit zeige, profitiere die Experimental­physik von den Berechnungen, die die theoretische Physik liefert. »Zusammen können Theorie und Experiment zu ech­ten Durchbrüchen führen«, so Botti.

Information

Original-Publikation:

Direct-bandgap emission from hexagonal Ge and SiGe alloys, Nature (2020), DOI: 10.1038/s41586-020-2150-yExterner Link

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