Die Optik ist die älteste Disziplin der Physik. Während die Menschen in der Antike annahmen, dass das Licht in Form von »Sehstrahlen« ihren Augen entspringt, wissen wir es heute besser: Das Licht entspringt der Materie und wird im Auge registriert. Es ist Welle und Teilchen zugleich. Nichts bewegt sich schneller und das, was wir als sichtbares Licht wahrnehmen, ist lediglich ein kleiner Teil eines breiten Spektrums. Dennoch ist die »Lehre des Lichts« noch nicht in allen Aspekten verstanden. Zwar ist der Mensch nicht der Ursprung des Lichts, doch hat er mit der nichtlinearen Optik ein eigenes Kapitel der Physik aufgeschlagen.
Text: Ute Schönfelder
Was ist überhaupt nichtlineare Optik?
Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst ein Blick auf die althergebrachte – lineare – Optik nützlich. Diese heißt so, weil es einen linearen Zusammenhang zwischen ein- und abgestrahltem Licht gibt, das durch einen Körper oder ein Medium hindurch geht. Fällt etwa ein Sonnenstrahl durch Fensterglas, so kommt auf der anderen Seite eine bestimmte Menge Licht wieder heraus. Strahlt die doppelte Menge Licht durch das Glas, so verdoppelt sich auch das Licht auf der anderen Seite. »Auch die Wellenlänge – also die Farbe – des Lichts ändert sich bei linear optischen Vorgängen nicht«, erklärt Prof. Dr. Gerhard Paulus, Professor für nichtlineare Optik der Universität Jena. »Rotes Licht wird als roter Strahl gebeugt oder gebrochen; wenn ich mit grünem Licht einen Gegenstand beleuchte, reflektiert er grünes Licht.«
Bei der nichtlinearen Optik ist das anders. Da wird aus einem infraroten Lichtstrahl, der auf einen Kristall trifft, plötzlich grünes Licht. Und anders als in der linearen Optik führt eine Verdopplung des eingestrahlten Lichts zu einer Vervierfachung des abgestrahlten Lichts.
Wie kommt das?
Eine entscheidende Voraussetzung für solche Effekte ist die Intensität des verwendeten Lichtstrahls. »Nichtlineare Optik ist erst bei sehr hoher Intensität der Lichtwellen möglich«, macht Paulus deutlich. Erst bei einer Intensität von etwa dem Milliardenfachen der Sonnenintensität treten nichtlineare Effekte auf, »also bei elektrischen Feldstärken von Lichtwellen, wie sie in unserem Alltag nicht vorkommen«. Um so viele Photonen – die Lichtteilchen – in einem Strahl zu bündeln, braucht es Laser. Ungezähmt bewegen sich Photonen mit Lichtgeschwindigkeit in alle Richtungen des Raumes. Sie zu einem Kollektiv zu vereinen, dass sich kohärent verhält, also mit einheitlicher Wellenlänge und identischer Schwingungsphase, ist ohne Lasertechnik nicht möglich. Kurz gesagt: Bis zur Erfindung des Lasers in den 1960er Jahren existierte nichtlineare Optik nur als Theorie.
Was genau bei extrem intensiven Lichtfeldern in Materie passiert, erklärt Paulus so: Die Photonen regen Ladungsträger im Material, zumeist Elektronen, zu Schwingungen an. Bei geringen Strahlungsintensitäten gilt dabei das Hooksche Gesetz: die Auslenkung der Ladungsträger verhält sich proportional zur aufgewendeten Kraft – also der Feldstärke der einstrahlenden Lichtwellen. Die Elektronen schwingen umso stärker, je intensiver die Strahlung ist und geben dabei elektromagnetische Strahlung ab. Bei niedrigen Intensitäten schwingen die Lichtwellen und angeregten Elektronen sinusförmig. Bei hohen Intensitäten aber, also bei extremer Auslenkung der Elektronen aus ihrer Bahn, sind ihre Bewegungen verzerrt. Als Folge strahlen die Elektronen nicht nur Licht in der sie anregenden Wellenlänge ab, sondern auch in anderen Frequenzen.
Besonders geeignet, um nichtlineare optische Effekte hervorzurufen, sind Kristalle mit einer bestimmten Gitterstruktur. »Prinzipiell sind aber alle Materialien geeignet«, so Paulus. Selbst in der Luft lassen sich nichtlineare optische Effekte erzeugen.
Welche nichtlinearen optischen Phänomene gibt es?
Zu den wichtigsten Effekten gehören die Frequenzverdopplung und die Erzeugung hoher Harmonischer. Daneben gibt es zahlreiche weitere Phänomene der Frequenzvervielfachung und -mischung sowie der Selbstphasenmodulation, die in einem Video erklärt werden. Wesentlich für alle nichtlinear-optischen Prozesse ist, dass Licht mit einem geeigneten Medium wechselwirkt.
Warum werden nichtlineare Effekte an Nanostrukturen untersucht?
Was sich bei diesen Vorgängen im Detail abspielt, wie Licht- und Materieteilchen interagieren, das untersuchen Forschungsteams des Sonderforschungsbereichs »Nichtlineare Optik auf atomaren Skalen«. Insbesondere nehmen die Forschenden in den Blick, was passiert, wenn intensives Laserlicht auf Nanostrukturen trifft. Ihr Ziel: umfassendes Verständnis für diese Prozesse zu gewinnen, um Nanomaterialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften herstellen zu können, die als Sensoren, Halbleiter oder optoelektronische Bauelemente zum Einsatz kommen.