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Forschung kurz und knapp

Asteroid in eiserner Rüstung

Mineralogen aus Jena und Japan haben an Bodenproben des Asteroiden »Itokawa« ein bislang unbekanntes Phänomen entdeckt: Die Oberfläche des Himmelskörpers, auf dem die japanische Sonde Hayabusa 2005 gelandet war, ist mit winzigen haarförmigen Kristallen aus Eisen überzogen. Diese Kristalle haben Prof. Dr. Falko Langenhorst, Dr. Dennis Harries und Dr. Toru Matsumoto mittels hochauflösender Aufnahmen mit einem Transmissionselektronenmikroskop ausfindig gemacht und erklären ihre Entstehung im Fachmagazin »Nature Communications«Externer Link. »Diese Strukturen sind das Ergebnis kosmischer Einflüsse auf der Oberfläche des Asteroiden«, erläutert Falko Langenhorst. Neben Gesteinsbrocken treffen auch energiereiche Teilchen des Sonnenwindes auf die Asteroidenoberfläche, die dadurch verwittert. Infolge der Weltraumverwitterung werde das Eisen aus dem Mineral Troilit, aus dem der Asteroid großenteils besteht, freigesetzt und lagert sich in Form winziger Nadeln auf der Oberfläche ab. [US]

Mikroskopische Aufnahme in Falschfarben. (a) Eines der untersuchten Staubteilchen des Asteroiden Itokawa. Das Mineral Troilit (FeS, violett) ist umgeben von Silikat (grün). (b) Troilitoberfläche (violett) mit Eisenhärchen (blau). (c) Eisenkristall vergrößert.
Mikroskopische Aufnahme in Falschfarben. (a) Eines der untersuchten Staubteilchen des Asteroiden Itokawa. Das Mineral Troilit (FeS, violett) ist umgeben von Silikat (grün). (b) Troilitoberfläche (violett) mit Eisenhärchen (blau). (c) Eisenkristall vergrößert.
Abbildung: Toru Matsumoto

Ewige Liebe lässt sich voraussagen

Lässt sich zu Beginn einer Partnerschaft vorhersagen, wie lang sie hält? Diese Frage können Psychologinnen und Psychologen der Universitäten Jena und Alberta (Kanada) eindeutig mit ja beantworten: »Prognosen über die Langlebigkeit einer Beziehung sind möglich«, sagt Dr. Christine Finn. Die Jenaer Psychologin hat im Rahmen der Langzeitstudie »pairfam« fast 2.000 Paare über sieben Jahre hinweg begleitet. Jede sechste Beziehung ging in diesem Zeitraum zu Bruch. »Doch schon zu Beginn einer Beziehung lassen sich Vorhersagevariablen finden, die Informationen darüber liefern, ob die Beziehung lange hält oder nicht.« Welche das sind, beschreibt das Forschungsteam in der Zeitschrift Developmental PsychologyExterner Link. Demnach liegen die Paare, die zusammenbleiben, und Paare, die sich trennen, bereits am Anfang ihrer Beziehungen auf unterschiedlichen Glückslevels. Im Laufe der Zeit nimmt in beiden Gruppen die Glücklichkeit ab – bei denen, die sich später trennen, passiert das allerdings deutlich rapider. [sh]

Trennungen tun weh, lassen sich aber zu einem gewissen Grad vorhersagen.
Trennungen tun weh, lassen sich aber zu einem gewissen Grad vorhersagen.
Foto: Anne Günther (Universität Jena)

Dichtes Blätterdach schützt vor steigenden Temperaturen

Wälder gehören zu den wichtigsten Ökosystemen der Erde, ein Großteil aller landlebenden Tier- und Pflanzenarten finden in ihnen Lebensraum. Ein internationales Forschungs­team unter Beteiligung des Jenaer Ökologen PD Dr. Markus Bernhardt-Römermann hat jetzt systematisch die Klimaerwärmung in Wäldern bestimmt und die Ergebnisse im Forschungsmagazin »Science«Externer Link publiziert. Wie sich zeigt, geben die bislang vorwiegend im freien Feld gemessenen Klimaveränderungen die Temperaturent­wick­lung in Wäldern nur unzureichend wieder. Denn unter dem Blätterdach eines Waldes herrschen meist deutlich kühlere, schattigere und meist auch luftfeuchtere Bedingungen. Und genau das macht das Ökosystem Wald besonders verwundbar: Ein Verlust der schützenden Baumkronen – etwa durch Schädlingsbefall, Sommertrockenheit oder durch die Forstbewirtschaftung – zieht eine zusätzliche, drastische Er­wär­mung für die darunter lebenden Pflanzen- und Tierarten nach sich, die ihre Bestände bedroht. [sh]

Hemisphärisches Foto eines Buchenbestandes.
Hemisphärisches Foto eines Buchenbestandes.
Foto: Pieter de Frenne

Wasserbakterien haben einen grünen Daumen

Jenaer Mikrobiologinnen und Mikrobiologen um Prof. Dr. Christian Jogler haben in der von ihnen neu entdeckten Bakterienart Stieleria maiorica Naturstoffe aufgespürt, mit deren Hilfe diese im Wasser lebenden Mikroorganismen die Zusammensetzung von Biofilmen auf Wasserpflanzen und Algen steuern. Bei der bisher unbekannten Gruppe chemischer Verbindungen handelt es sich um relativ kleine Moleküle, die das Forschungsteam »Stieleriacine« getauft hat. Wie die Forschenden in ihrer im Fachmagazin »Communications Biology«Externer Link publizierten Studie zeigen, bewirken die »Stieleriacine«, dass andere Mikrobenarten, die mit Stieleria maiorica um Lebensraum und Nahrung konkurrieren, im Wachstum gehemmt werden. Andere Arten, von denen Stieleria maiorica profitieren kann, werden dagegen im Wachstum gefördert. Auf diese Weise gelingt es den Wasserbakterien, ihre Umgebung ihren eigenen Bedürfnissen anzupassen und wie geschickte Gärtner das Wachstum anderer Arten zu regulieren. [US]

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Stieleria maiorica. Zellen in pink. Matrix in blau.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Stieleria maiorica. Zellen in pink. Matrix in blau.
Foto: Manfred Rohde/HZI Braunschweig

Helle Knöpfchen

Ein Forschungsteam der Universität Jena und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt hat neuartige Nano-Schalter entwickelt, die sich per Lichtsignal bedienen lassen. In der Fachzeitschrift »Chemistry A European Journal«Externer Link hat das Forschungsteam um Prof. Dr. Andrey Turchanin sein Konzept eines photoschaltbaren Feldeffekt­transistors vorgestellt. Darin kommen ultradünne intelligente Materialien zum Einsatz: eine leitfähige Schicht aus Graphen, kombiniert mit einer einzigen molekularen Lage mit funktionalen Azobenzen-Einheiten. Der winzige Transistor funktioniert so: Wird eine Spannung angelegt, fließt durch die Graphenschicht ein Strom. Wird UV-Licht dazugeschaltet, ändern sich die Dipoleigenschaften der Azobenzen-Einheiten und in dem darunter­liegenden Graphen wird ein elektrisches Feld induziert, was den Stromfluss unterbricht. Bestrahlt man den Transistor dagegen mit blauem Licht, ändert sich die Konfigu­ration erneut, was bedeutet, dass wieder Strom fließt. Fertig ist der lichtbe­triebene Nano-Schalter. [US]

Zian Tang (l.), Prof. Andrey Turchanin und Antony George (r.) in einem Labor, in dem röntgenphotometrische Spektren der intelligenten Nano-Materialien aufgenommen werden.
Zian Tang (l.), Prof. Andrey Turchanin und Antony George (r.) in einem Labor, in dem röntgenphotometrische Spektren der intelligenten Nano-Materialien aufgenommen werden.
Foto: Anne Günther (Universität Jena)

Weihrauch programmiert Entzündungsenzym um

Ein Forschungsteam der Universität Jena und der Louisiana State University (USA) hat den molekularen Mechanismus der entzündungshemmenden Wirkung von Boswelliasäure, einer Substanz aus dem Harz des Weihrauchbaums, aufgeklärt. Darüber berichten die Forscher um Prof. Dr. Oliver Werz im Fachmagazin »Nature Chemical Biology«Externer Link. Eine Schlüsselrolle im Entzündungsgeschehen spielt das Enzym 5-Lipoxygenase: Das normalerweise entzündungsfördernde Enzym vollzieht durch die Bindung von Boswelliasäure eine Strukturveränderung, die einen entzündungshemmenden Effekt zur Folge hat. Zusätzlich ändert sich auch die Spezifität des Enzyms. Statt die Synthese entzündungsfördernder Leukotriene zu katalysieren, produziert die 5-Lipoxygenase unter dem Einfluss von Boswelliasäure entzündungsauflösende Substanzen. Diesen Mechanismus konnte das Forschungsteam mittels Kristallstrukturanalysen aufklären und erstmals abbilden. [US]

Weihrauchharz aus Afrika (l.) und Indien. Extrakte daraus können Entzündungen hemmen.
Weihrauchharz aus Afrika (l.) und Indien. Extrakte daraus können Entzündungen hemmen.
Foto: Jan-Peter Kasper (Universität Jena)

Neue Ribonukleinsäure in Cholera-Erreger identifiziert

Ein Team um den Jenaer Mikrobiologen Prof. Dr. Kai Papenfort hat in Choleraerregern (Vibrio cholerae) die bislang unbekannte, kleine Ribonukleinsäure FarS entdeckt. Dieses Molekül spielt eine wichtige Rolle im Fettsäurestoffwechsel des Erregers und ist damit ein entscheidender Faktor für den Ausbruch der Cholera-Krankheit, nachdem der Erreger in den Darm gelangt ist. Wie stark sich die Bakterien im Darmtrakt vermehren können, hängt von der Konzentration bestimmter Fettsäuren ab. Das Jenaer Forschungsteam hat deshalb untersucht, wie bakterielle Gene, die für den Fettsäurestoffwechsel verantwortlich sind, reguliert werden und sind dabei auf die Ribonukleinsäure FarS aufmerksam geworden. Wie das Forschungsteam im Fachjournal »Proceedings of the National Academy of Sciences«Externer Link schreibt, reguliert FarS zusammen mit anderen Faktoren die Biosynthese und den Abbau von Fettsäuren in V. cholerae. [AG]

Elektronenmikroskopische Aufnahme des Cholera-Erregers (vibrio cholerae).
Elektronenmikroskopische Aufnahme des Cholera-Erregers (vibrio cholerae).
Foto: Kai Papenfort

Zellen mit Licht steuern

Die Wirkung von Medikamenten mit Licht ein- und auszuschalten, damit beschäftigt sich die Photopharmakologie. Nun ist es Wissenschaftsteams aus Jena, München und New York erstmals gelungen, auf diesem Weg einen Bestandteil der Zellen zu steuern, der bislang als unerreichbar galt: das Aktin-Zytoskelett. Das Team um Prof. Dr. Hans-Dieter Arndt hat aus einem Naturstoff eine lichtsensible Substanz — genannt Optojasp — entwickelt, die Aktin-Moleküle in Zellen blockiert, sobald sie mit violettem Licht bestrahlt wird. Nach einer bestimmten Zeit, oder aber durch grünes Licht, kehrt Optojasp wieder in seine inaktive Grundstruktur zurück. Weil Aktin ein wesentlicher Bestandteil des Zytoskeletts von Zellen ist, können auf diese Weise einzelne Zellen gezielt manipuliert werden. Ebenso lässt sich die Bewegung bestimmter Zellen mit dieser Technik steuern, berichten die Forscher im Fachmagazin »Journal of the American Chemical Society«Externer Link. [MK]

Der neue Wirkstoff namens Optojasp wird erst aktiv, wenn violettes Licht darauf fällt.
Der neue Wirkstoff namens Optojasp wird erst aktiv, wenn violettes Licht darauf fällt.
Foto: Jürgen Scheere (Universität Jena)

Selbstheilende Knochenzemente

Materialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Universität Jena haben ein Knochenersatzmaterial weiterentwickelt, das nicht nur einen bestehenden Schaden am Knochen reparieren, sondern sich auch selbst regenerieren kann. Darüber berichten sie im Forschungsmagazin »Scientific Reports«Externer Link. Bei dem Material handelt es sich um Kalziumphosphat-Zement. Dieser Knochenersatzstoff ist in der Medizin bereits häufig im Einsatz, aufgrund seiner Sprödigkeit aber nicht für lasttragende Knochenreparaturen geeignet. Die Jenaer Forscher aus dem Team von Prof. Dr. Frank A. Müller haben das Material mit Kohlenstofffasern verstärkt. Diese Modifikation verleiht dem Material die Fähigkeit, entstehende Risse oder Verletzungen selbst zu heilen. Zusätzlich zu der durch die Faserverstärkung verbundenen größeren Belastbarkeit könnten sich die Anwendungsgebiete für Knochenimplantate aus Kalziumphosphat-Zement damit erheblich erweitern und künftig auch lasttragende Skelettbereiche umfassen. [sh]

Prof. Dr. Frank A. Müller ist Professor für Oberflächen- und Grenzflächentechnologie der Universität Jena.
Prof. Dr. Frank A. Müller ist Professor für Oberflächen- und Grenzflächentechnologie der Universität Jena.
Foto: Anne Günther (Universität Jena)

Gravitationswellen im Nanohertzbereich nachweisen

Nachdem 2015 erstmals Gravitationswellensignale empfangen wurden, die bei der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher entstanden sind, wollen Astrophysiker jetzt auch Gravitationswellen im Nanohertzbereich aufspüren, die Schwarze Löcher schon lange bevor sie ineinander stürzen, erzeugen, während sie einander umkreisen. Einem internationalen Forschungsteam ist das jetzt mithilfe des Spitzer Weltraumteleskops der NASA bei dem kosmischen Objekt OJ 287 — etwa vier Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Krebs — gelungen. Bei OJ 287 handelt es sich um zwei supermassereiche Schwarze Löcher, die sich mit einer Umlaufperiode von zwölf Jahren umkreisen. Die dabei abgestrahlten Gravitationswellen im Nanohertzbereich konnte das Team, zu dem auch Astrophysiker Dr. Markus Mugrauer und Physikstudent Felix Hildebrandt von der Uni Jena zählen, jetzt durch indirekte Beobachtungen nachweisen. Die Messdaten sind in den »Astrophysical Journal Letters«Externer Link erschienen. [US]

Künstlerische Darstellung des Zentrums von OJ 287, in dem sich zwei Schwarze Löcher umkreisen.
Künstlerische Darstellung des Zentrums von OJ 287, in dem sich zwei Schwarze Löcher umkreisen.
Abbildung: NASA/JPL-Caltech