Gedenkmedaille für Eduard Rosenthal, geprägt in seinem Todesjahr 1926, vor der »Villa Rosenthal«.

Kalenderblatt

100 Jahre Thüringer Verfassung: Eduard Rosenthal und »das große Werk der Begründung eines thüringischen Staates«
Gedenkmedaille für Eduard Rosenthal, geprägt in seinem Todesjahr 1926, vor der »Villa Rosenthal«.
Foto: Stephan Laudien

Vor 100 Jahren ist das Land Thüringen gegründet worden. Die dafür notwendige Verfassung stammte aus der Feder des Rechtsgelehrten und Professors der Jenaer Universität Eduard Rosenthal. Das Kalenderblatt stellt den »Vater der Thüringer Verfassung« und sein Wirken in Jena vor.

Die »Goldenen Zwanziger« beginnen so gar nicht golden. Im November 1918 wird die Republik ausgerufen, die später den Namen Weimarer Republik erhält. Der Kaiser hat abgedankt und ist ins Exil nach Holland verschwunden. Deutschland trägt schwer an den auferlegten Reparationen, die Politik ringt um eine Neuordnung des Reiches. Das betrifft ebenso die Länder, nachdem die Fürsten ihre Macht verloren haben. Am 1. Mai 1920 wird das Land Thüringen gebildet. Es besteht aus sieben Kleinstaaten, der achte, der Freistaat Coburg, schließt sich im Juli 1920 Bayern an. Das neue Land Thüringen benötigt eine Verfassung.

Mit dem Entwurf wird der Rechtsgelehrte Eduard Rosenthal beauftragt. Rosenthal, der an der Universität Jena lehrt, stammt aus Würzburg. Dort am 6. September 1853 geboren, studiert Rosenthal Jurisprudenz – zunächst in seiner Heimatstadt, später in Heidelberg und Berlin. Promoviert wird er in Würzburg mit seiner Schrift »Zur Geschichte des Eigentums in der Stadt Würzburg 1878«. Nach Jena gewechselt, habilitiert sich Eduard Rosenthal im April 1880 mit einer Arbeit über »Die Rechtsfolgen des Ehebruchs nach kanonischem und deutschem Recht«; er wird Privatdozent. Im Jahr 1885 wird er Professor ohne Besoldung, erst zum Sommersemester 1896 bekommt Eduard Rosenthal eine ordentliche Professur. Seine Denomination lautet auf »Rechtswissenschaft, Staats- und Verwaltungs-, Völkerrecht und Rechtsgeschichte«. Für die relativ späte Berufung auf eine ordentliche Professur ist wohl entscheidend, dass Rosenthal Jude ist. An seinen fachlichen Qualitäten zweifelt niemand.

Eduard Rosenthal hat vielfältige Spuren in Jena hinterlassen. Die bedeutendste Leistung für Thüringen ist sein Entwurf einer Verfassung: »Ich erhielt von dem Staatsrat den Auftrag, den Entwurf einer Verfassung für das neue Land Thüringen auszuarbeiten. Diesem Auftrag erteilte der Volksrat am 23.1.1920 einmütig seine Zustimmung.« So hat sich Eduard Rosenthal selbst geäußert, zitiert nach »Die Rechtswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen«, Band III, herausgegeben von Hans Planitz, Leipzig 1929. Weiter heißt es: »Es war eine Freude zu sehen, wie die Bureaukraten des alten Staates mit den sozialdemokratischen und unabhängigen Mitgliedern des Staatsrats harmonisch zusammen arbeiteten, alle von dem Gedanken beseelt, das große Werk der Begründung eines thüringischen Staates zu fördern.«

Der Verfassungsentwurf erhält verdienten Beifall, lediglich in einem Punkt weht Rosenthal der Wind scharf ins Gesicht. Er will der Landesregierung das Recht einräumen, den Landtag auflösen zu können, dringt damit aber nicht durch. Die vorläufige Verfassung des Landes wird am 12. Mai 1920 verkündet. Endgültig angenommen wird die Verfassung vom Thüringer Landtag im März des Jahres 1921.

Eduard Rosenthal, dem »Vater der Thüringer Verfassung von 1920/21«, wird noch 1920 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Jena verliehen. Als er am 25. Juni 1926 stirbt, nehmen Hunderte an dem Trauerzug zum Nordfriedhof teil. Rosenthals Witwe Clara – wie er jüdischen Glaubens – nimmt sich am 11. November 1941 das Leben. Zu dieser Zeit ist die Rosenthalsche Verfassung durch die Nazis längst außer Kraft gesetzt.


Text: Stephan Laudien