Blick in das ausgetrocknete Flussbett der Leutra in Jena im Sommer 2022

Grundwasser in Gefahr

Studie zu Auswirkungen von Klimaextremen auf die (zukünftige) Wassersicherheit
Blick in das ausgetrocknete Flussbett der Leutra in Jena im Sommer 2022
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Extreme Klimaereignisse gefährden die Qualität und Stabilität des Grundwassers: Wenn Regenwasser die
natürlichen Filterprozesse im Boden umgeht, wie es bei Starkregenereignissen der Fall ist, gelangen zunehmend Substanzen von der Oberfläche direkt ins Grundwasser. Dies haben Forschende vom Max-Planck-Institut für BiogeochemieExterner Link zusammen mit einem Team von der Universität Jena in einer Langzeitstudie gezeigt, die im Rahmen des Sonderforschungsbereichs AquaDiva durchgeführt wurde.

Text: Eberhard Fritz


In einem neuartigen experimentellen Ansatz nutzte das Forschungsteam um apl. Prof. Dr. Gerd Gleixner gelöstes organisches Material als Indikator für Wasserverschmutzungen und bestätigte so grundlegende Veränderungen der Grundwasserstabilität. »Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass extreme Wetterereignisse bereits jetzt die Qualität des Grundwassers und die Art seiner Neubildung verändern«, sagt Dr. Simon Schroeter, der Erstautor der Studie, die im Magazin »Nature Communications« erschienen ist.

Das Forschungsteam untersuchte zwischen 2014 und 2021 das Grundwasser und die entsprechenden hydroklimatischen Bedingungen an drei geologisch unterschiedlichen Standorten in Deutschland. Analysiert wurde die Wasserqualität anhand von Tausenden verschiedenen Molekülarten, die auf ihrem Weg vom Boden ins Grundwasser verfolgt wurden. Im Gegensatz zur bisherigen Standardmethode, der Messung der Gesamtkonzentration von gelöstem organischem Kohlenstoff, ermöglichte es dieser neue Ansatz, Veränderungen in der Menge und chemischen Zusammensetzung unzähliger organischer Moleküle zu erkennen.

Innerhalb des achtjährigen Analysezeitraums identifizierten die Forschenden übereinstimmende langfristige Trends: Zunehmende Mengen an organischen Substanzen, die von der Oberfläche stammen und sich im Grundwasser ansammeln – und zwar vor allem bei sinkendem Grundwasserspiegel. Darüber hinaus konnten sie eine eindeutige Verstärkung der zunehmenden Verschmutzung des Wassers seit der extremen Dürre im Jahr 2018 feststellen.

Neue Methode als Frühindikator

Die neue Methode kann Veränderungen der Grundwasserqualität wesentlich empfindlicher erkennen als die üblicherweise angewandte Kohlenstoffmessung. Sie könnte daher in Zukunft als Frühindikator für eine Verschlechterung der Grundwasserqualität dienen, bevor Grenzwerte überschritten werden. Während die Methode auf organischen Molekülen als Indikatoren für die Verschmutzung beruht, können die tatsächlichen Verunreinigungen alle Schadstoffe umfassen, die von der Oberfläche ausgewaschen werden. Genomische Analysen von Mikroorganismen im Grundwasser können dann Aufschluss über mögliche Abbauwege geben.

Grundwasser wird in der Regel durch Niederschläge, die durch den Boden sickern, wieder aufgefüllt. Fremdstoffe, die an der Oberfläche vom Regen aufgenommen werden, werden während des Transports durch den Boden durch Haftung an Bodenmineralen entfernt oder von Bodenmikroben verstoffwechselt. Dieser natürliche Filtrationsprozess führt zu hochreinen Grundwasserressourcen. Regen kann jedoch manchmal schnell in tiefere Bodenschichten fließen. Dadurch umgeht das Wasser die Filtrierung, so dass gelöste Stoffe von der Oberfläche und den oberen Bodenschichten vermehrt in das Grundwasser transportiert werden.

Dies gilt insbesondere nach extremen Regenfällen und nach starker Trockenheit. Längere Dürreperioden führen zu großen Rissen im Boden und sie verringern auch die Aufnahme von Regenwasser in den oberen Bodenschichten. Unter solchen Bedingungen fließt das Wasser direkter ins Grundwasser oder läuft alternativ in Flüsse, Seen und Ozeane ab. Der Grundwasserspiegel wird dann nicht ausreichend aufgefüllt. Außerdem wird das Wasser mit unerwünschten und potenziell schädlichen Substanzen von der Oberfläche und den oberen Bodenschichten verunreinigt. Dazu gehören z. B. organische Stoffe, Herbizide und Pestizide, mikrobielle Produkte wie Antibiotika sowie andere Fremdstoffe.

»Unsere Forschungsergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit, ein nachhaltiges Wassermanagement zu etablieren, zum Schutz dieser lebenswichtigen Ressource«, unterstreicht Studienleiter Prof. Gleixner. 

Information

Original-Publikation:Schroeter, S.A., Orme, A.M., Lehmann, K. et al.: Hydroclimatic extremes threaten groundwater quality and stability. Nat Commun 16, 720 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-55890-2Externer Link

Kontakt:

Gerd Gleixner, apl. Prof. Dr.
Max-Planck-Institut für Biogeochemie
Hans-Knöll-Straße 10
07745 Jena Google Maps – LageplanExterner Link
Kirsten Küsel, Univ.-Prof. Dr.
Leiterin der AG Aquatische Geomikrobiologie
vCard
Professur Aquatische Geomikrobiologie
Raum 312
Dornburger Straße 159
07743 Jena Google Maps – LageplanExterner Link