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Forschung kurz und knapp

DNA aus der Vergangenheit

Gesteinskerne, die für die Untersuchung herangezogen wurden.

Foto: Robert Lehmann

Der Großteil der mikrobiellen Biomasse der Erde befindet sich verborgen im Untergrund. Schätzungen zufolge kommen Mikroorganismen bis zu einer Tiefe von fünf Kilometern unter der Kontinentaloberfläche vor. Sie können dort auch festes Gestein besiedeln. Da diese tiefe Biosphäre nur schwer zugänglich ist, wissen Forschende bisher nur wenig über die Zusammensetzung und Rolle dieser Mikroorganismen in biogeochemischen Kreisläufen.

Ein Forschungsteam des Exzellenzclusters »Balance of the Microverse« um Prof. Dr. Kirsten Küsel und Prof. Dr. Christina Warinner hat jetzt herausgefunden, dass Kalkstein als Archiv für die mikrobielle Besiedelung des Untergrunds dient. Erste Ergebnisse der Studie sind im Fachjournal »Microbiome« erschienen (DOI: 10.1186/s40168-023-01647-2Externer Link). [Gold/Nieber]

Wasserstoff durch Sonnenlicht

Prof. Dr. Kalina Peneva und ihr Doktorand Konrad Hotzel untersuchen funktionale Farbstoffe.

Foto: Anne Günther (Universität Jena)

Damit Wasserstoff mit Hilfe von Sonnenlicht nachhaltig produziert werden kann, braucht es nicht nur ein effizientes Katalysatorsystem – letztendlich muss dieses auch günstig, gut verfügbar und ressourcenschonend sein. Ein Schritt in diese Richtung ist nun einem Team um die Chemikerin Prof. Dr. Kalina Peneva (Foto oben, l.) vom Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie gelungen.

Die Gruppe entwickelte Farbstoffe, die ohne Metalle auskommen, einfach herzustellen sind und die absorbierte Lichtenergie auf einen Katalysator übertragen, der damit Wasserstoff produziert. Seine Ergebnisse hat das Team im »Journal of Materials Chemistry A« veröffentlicht (DOI: 10.1039/D3TA04450EExterner Link). Darin sind nicht nur die Farbstoffe beschrieben, sondern auch deren Wechselwirkungen mit dem Katalysator. [MK]

Resistente Stärke als Präbiotikum

Resistente Stärke kann bei der Behandlung der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung künftig eine wichtige Rolle spielen.

Foto: stock.adobe.com

Bei der Behandlung der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung könnte resistente Stärke, wie sie in Vollkorngetreiden, Hülsenfrüchten, grünen Bananen und Kartoffeln enthalten ist, künftig eine wichtige Rolle spielen. Wie Studienergebnisse eines Teams des Exzellenzclusters »Balance of the Microverse« um Prof. Dr. Gianni Panagiotou zeigen, kann eine Ernährungsform mit resistenter Stärke nicht nur das Darmmikrobiom positiv beeinflussen, sondern auch zu einer Linderung des Krankheitsverlaufs führen.

Die Forschenden stellten bei den Versuchspersonen eine reduzierte Fettansammlung in der erkrankten Leber fest und konnten zudem einen Anstieg bestimmter Bakterienarten im Darm beobachten, die den Fettabbau und -transport in der Leber positiv beeinflussen. Die Ergebnisse sind in »Cell Metabolism« erschienen (DOI: 10.1016/j.cmet.2023.08.002Externer Link). [Nieber]

Insekten auf dem Rückzug

Zu den Insektenpopulationen mit den stärksten Bestandsrückgängen gehören auch räuberische Käfer.

Foto: J. Lindsey

Der Rückgang landlebender Insekten wie Käfer, Motten und Heuschrecken ist vor allem auf Verluste bei lokal häufigeren Arten zurückzuführen. Das zeigt eine aktuelle Studie (DOI: 10.1038/s41586-023-06861-4Externer Link). Geleitet von Forschenden des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und den Universitäten Halle-Wittenberg und Jena, stellt die Meta-Analyse von 923 Standorten weltweit zwei wichtige Tendenzen fest.

Erstens sind häufige Arten mit vielen Individuen stärker zurückgegangen als seltene Arten. Zweitens waren die Zunahmen mancher Insektenarten zu gering, um früher beobachtete Häufigkeiten zu erreichen. Dies erklärt die verbreitete Feststellung, dass es heute weniger Insekten gibt als vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren. Für die Analyse sind 106 Studien ausgewertet worden, die über Zeiträume von bis zu 64 Jahren liefen. [Coester/iDiv]

Mumien unter der Lupe

Dr. Enrico Paust betrachtet verklebte Textilfragmente einer ägyptischen Mumie.

Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

In den Archiven der Universität Jena lagern umfangreiche Sammlungsbestände – darunter auch rund 20 Mumienfragmente. Forschende aus der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie, der Biologie und der Medizin haben sie erstmals umfassend untersucht und die Ergebnisse in den »Annals of the History and Philosophy of Biology« vorgelegt (DOI: 10.17875/gup2023-2486Externer Link).

Es handelt sich um vier Schädel, ein Rumpffragment, ein Becken, zwei Unterkiefer, zwei Wirbelgruppen, drei linke Füße und einige Gewebereste von ägyptischen Mumien sowie um zwei nahezu vollständig erhaltene Kindermumien aus Südamerika. Woher sie genau stammen, unter welchen Umständen sie gefunden wurden und auf welchem Weg sie nach Jena gelangt sind, ließ sich bislang aber nicht genau klären, sagt Studienleiter Dr. Enrico Paust. [sh]

Planeten zwischen mehreren Sonnen

Künstlerische Darstellung der Raumsonde Gaia mit der Milchstraße im Hintergrund.

Illustration: ESA/ATG medialab; background image: ESO/S. Brunier

Kai-Uwe Michel und Dr. Markus Mugrauer vom Astrophysikalischen Institut der Universität Jena haben in einer Studie untersucht, wie viele Sterne mit extrasolaren Planeten (Exoplaneten) einen oder sogar mehrere Begleitsterne besitzen und welchen Einfluss diese stellare Multiplizität auf die Eigenschaften der Planetensysteme hat.

Für ihre Studie haben die Forscher Beobachtungsdaten des Weltraumteleskops Gaia der europäischen Weltraumagentur ESA (Bild) herangezogen und mehr als 2 200 Planeten-Muttersterne auf mögliche Begleitsterne untersucht. Bei etwa jedem fünften Planeten-Mutterstern wurden sie fündig. Insgesamt konnten die Astrophysiker mehrere Hundert neue Begleitsterne nachweisen, wie sie im Magazin »Monthly Notices of the Royal Astronomical Society« schreiben (DOI: 10.1093/mnras/stad3196Externer Link). [US]

Allein heißt nicht unbedingt einsam

Spaziergang allein. Etwa 20 Prozent der erwachsenen Deutschen sind alleinlebend.

Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Rund 20 Prozent der Deutschen leben allein – Tendenz steigend. Auch in den meisten anderen westlichen Ländern ist dieser Trend zu beobachten. Doch entgegen vorherrschender Vorurteile muss ein Leben allein nicht gleichzeitig Isolation und Einsamkeit mit sich bringen. Das hat ein Team um den Psychologen Prof. Dr. Franz Neyer von der Universität Jena herausgefunden, wie es im »International Journal of Behavioral Development« schreibt (DOI: 10.1177/01650254231206329Externer Link).

Die Forschenden befragten dabei über drei Jahre hinweg rund 400 Personen im Alter zwischen 35 und 60 Jahren. Besonders zufrieden war rund ein Drittel der Befragten, das auf ein großes Netzwerk zurückgreifen kann und täglich verschiedene soziale Kontakte pflegt, unter denen sich sowohl Familie und Freunde als auch Bekanntschaften wie Mitarbeitende oder Nachbarn befinden. [sh]

Kunst-Licht gefährdet Ökosysteme

In mehreren Studien wurde das iDiv-EcoTron genutzt, um die Lichtverhältnisse in der Nacht zu simulieren und zu verändern.

Foto: Myriam Hirt

Wie eine Sammlung von Studien über künstliches Licht bei Nacht zeigt, sind die Auswirkungen der Lichtverschmutzung weitreichender als gedacht. Selbst geringe Mengen künstlichen Lichts können Artengemeinschaften und ganze Ökosysteme stören. Die in der Fachzeitschrift »Philosophical Transactions of the Royal Society B« veröffentlichte Sonderausgabe befasst sich mit den Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf komplexe Ökosysteme, darunter Boden-, Grasland- und Insektengemeinschaften.

Forschende des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Universität Jena beschreiben darin den Dominoeffekt, den Lichtverschmutzung auf Funktionen und Stabilität von Ökosystemen haben kann. Dr. Myriam Hirt und Dr. Remo Ryser haben die Sonderausgabe redaktionell geleitet. [Coester/iDiv]