Prof. Dr. Wolfgang Weigand (l.) und sein Team erforschen den Reaktionsweg zur elektrokatalytischen Wasserstoffbildung.

Energie- und Hoffnungsträger

Die Produktion von »grünem« Wasserstoff macht Hoffnung für die Energiewende und könnte eine Entlastung während der Energiekrise sein.
Prof. Dr. Wolfgang Weigand (l.) und sein Team erforschen den Reaktionsweg zur elektrokatalytischen Wasserstoffbildung.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Wasserstoff gilt seit vielen Jahren als Hoffnungsträger der Energiewende - erst recht jetzt während der Energiekrise. Aber nur, wenn Wasserstoff aus Wasser und mit Hilfe erneuerbarer Energiequellen gewonnen wird, ist er als Energieträger auch wirklich nachhaltig. Wie solch »grüner« Wasserstoff produziert werden kann – und zwar am besten direkt mit frei verfügbarer Sonnenenergie – das wird an der Universität Jena im Sonderforschungsbereich »CataLight« erforscht.

Text: Marco Körner


Auch wenn Wasserstoff dem Wasser seinen Namen verdankt, wird er in der Praxis bislang häufig aus Erdgas gewonnen. Dabei entsteht Kohlendioxid. Je nachdem, ob das Treibhausgas in die Atmosphäre gelangt oder aber abgeschieden und gelagert wird, ist die Rede von »grauem« oder »blauem« Wasserstoff. »Türkisen« Wasserstoff gibt es auch; hierbei wird Erdgas (Methan) durch Hitze direkt in Wasserstoff und festen Kohlenstoff aufgespalten.

Egal ob grün, grau, blau oder türkis – Wasserstoff zu erzeugen, benötigt Energie, was wiederum darüber entscheidet, wie nachhaltig der Energieträger letztendlich ist. Idealerweise lässt sich mit grünem Wasserstoff aber ein Problem lösen, das den erneuerbaren Energiequellen häufig angelastet wird: nämlich die Schwankungen ihrer Verfügbarkeit. Je nach Tageszeit und Wetterlage liefern Solaranlagen und Windräder mal mehr oder weniger Energie als benötigt wird. Die Möglichkeit, überschüssige Energie in Form von Wasserstoff zu speichern und bei Bedarf an anderer Stelle zu nutzen, ist unter anderem das, was den Energieträger Wasserstoff so vielversprechend macht.

Nach dem Vorbild der Natur

Wasserstoff direkt aus Wasser und Sonnenlicht zu gewinnen, das ist das große Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Transregionalen Sonderforschungsbereich 234 »CataLight« der Universitäten Jena und Ulm. Vorbild ist die Natur: Denn die Art und Weise, wie Pflanzen mit Hilfe der Photosynthese Sonnenlicht in chemische Energie umwandeln, liefert hier wertvolle Inspiration. Jedoch ist bei den photochemischen Systemen, die der Sonderforschungsbereich entwickelt und erforscht, ein hohes Maß an Expertise und Zusammenarbeit verschiedenster Fachbereiche gefragt.

In der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Kalina Peneva wird an metallfreien Rylen-Farbstoffen geforscht, die Sonnenlicht absorbieren und mit helfen, Wasserstoff aus Wasser zu gewinnen.

Foto: Anne Günther (Universität Jena)

Aus Wasser wird Wasserstoff

Denn Photonen, also Lichtteilchen, unterliegen den Regeln der Quantenmechanik. Entsprechend müssen die quantenmechanischen Eigenschaften der chemischen Systeme, auf die das Licht trifft, präzise verstanden werden. Die gewünschten chemischen Photosysteme wiederum sind im Labor oftmals nur aufwendig herstellbar. Und schlussendlich dient das Photosystem dazu, einem eigens darauf abgestimmten Katalysator möglichst verlustarm Energie zuzuführen, mit der dieser letztendlich Wasser in Wasserstoff umwandelt. Idealerweise entsteht so durch die Zusammenarbeit diverser Teildisziplinen der Chemie ein System, das nicht nur den begehrten Energieträger aus Sonnenlicht und Wasser erzeugt, sondern auch günstig, langlebig und robust ist.

Die Frage, wie Farbstoffe durch Licht quantenchemisch angeregt werden, wird im Rahmen von »CataLight« durch Prof. Dr. Kalina Peneva erforscht. Die Chemikerin und ihr Team konzentrieren sich dabei auf sogenannte Rylen-Farbstoffe. Deren Vorteil: Im Vergleich zu den gängigen Farbstoffen, die auf Metallkomplexen mit Iridium oder Ruthenium basieren, sind die rein organischen Rylen-Farbstoffe stabiler gegenüber Licht und zugleich kostengünstiger.

Den chemischen Schritt der Wasserstofferzeugung untersucht Prof. Dr. Wolfgang Weigand am Vorbild der sogenannten Hydrogenasen. Diese Enzyme werden von bestimmten Mikroorganismen verwendet, die sich von dem Energieträger »ernähren«. Um herauszufinden, wie diese Enzyme arbeiten, erzeugen Weigand und sein Team chemische Modellverbindungen dieser Enzyme, die anschließend bis zu deren quantenmechanischen Eigenschaften genauestens untersucht werden. Die Betrachtung auf Ebene der Theoretischen Chemie findet im Team von Prof. Dr. Stefanie Gräfe statt.

Doch auch wenn es bereits einige Systeme gibt, die durch Lichteinstrahlung Wasserstoff aus Wasser erzeugen können, bleiben noch viele Hürden für die praktische Umsetzung: Denn Sonnenlicht enthält Licht verschiedener Wellenlängen, zu denen auch harte UV-Strahlung gehört, der ein solches chemisches System standhalten muss. Und Wasser ist im Alltag mehr als nur H2O – es enthält Salze, Schwebstoffe und andere Verbindungen in unterschiedlicher Zusammensetzung, die das photochemische System beeinflussen können. Zu guter Letzt muss ein solches System auch kosteneffizient und in großen Mengen herstellbar sein.

Impulsgeber für interdisziplinäre Forschung

Auf diese Weise dient Wasserstoff nicht nur als Hoffnungsträger für Industrie und Wirtschaft, sondern auch als Impulsgeber für interdisziplinäre Forschung. Denn neben den Universitäten Jena und Ulm, die mit Prof. Dr. Benjamin Dietzek-Ivanšić und Prof. Dr. Sven Rau die Sprecher stellen, sind auch das Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz, die Universitäten Wien, Mainz und Kaiserslautern sowie das Leibniz-Institut für Photonische Technologien in Jena an »CataLight« beteiligt. 

Wie lange es dauert, bis sich Wasserstoff als echter Energieträger etabliert hat, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Aber falls es dazu kommt, erhält er möglicherweise auch noch einmal eine ganz andere Farbe.