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Forschung kurz und knapp

Leben im Erdinneren

Dr. Will Overholt und Prof. Dr. Kirsten Küsel bei Wasseranalysen im Feld.
Dr. Will Overholt und Prof. Dr. Kirsten Küsel bei Wasseranalysen im Feld.
Foto: Beatrix Heinze

Mikroorganismen in Grundwasserleitern tief unter der Erdoberfläche produzieren ähnlich viel Biomasse wie solche in manchen Meeresbereichen. Zu diesem Ergebnis kamen Forschende unter Leitung der Universität Jena und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv).

Mit einer einzigartigen, hochempfindlichen Messmethode mit radioaktivem Kohlenstoff konnten sie erstmals nachweisen, dass diese Lebensgemeinschaften in absoluter Dunkelheit nicht auf Sonnenenergie angewiesen sind. Stattdessen können sie ihre Energie selbstständig aus der Oxidation von Gestein oder aus Stoffen gewinnen, die nach unten transportiert werden. Die Studie wurde in »Nature Geoscience« veröffentlicht (DOI: 10.1038/s41561-022-00968-5Externer Link). [Tilch]

Roter Riese war einst gelb

Das Sternbild des Orion.
Das Sternbild des Orion.
Foto: Markus Mugrauer

Mit fortschreitender Kernfusion im Innern eines Sterns ändern sich seine Helligkeit, Größe und Farbe. Die Astrophysik kann aus diesen Eigenschaften Informationen zu Alter und Masse eines Sterns herauslesen. Sterne mit deutlich mehr Masse als der der Sonne sind blau-weiß oder rot – der Übergang zu Rot via Gelb und Orange geschieht für astronomische Verhältnisse dabei relativ rasch. Einem Team der Universität Jena ist es gelungen, einen solchen Farbwechsel zeitlich sehr genau einzuordnen. Sie ermittelten mit Hilfe historischer Quellen, dass Beteigeuze – der helle rote Riesenstern links oben im Sternbild Orion (Foto) – vor rund 2 000 Jahren noch gelb-orange war. Über ihre Forschungsergebnisse berichteten sie im Magazin »Monthly Notices of the Royal Astronomical Society« (DOI: 10.1093/mnras/stac1969Externer Link). [sh]

Beute des Wanderfalken

In Scheiben geschnittene Proben von Staubkörnern werden am Institut für Geowissenschaften untersucht.
In Scheiben geschnittene Proben von Staubkörnern werden am Institut für Geowissenschaften untersucht.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Ein internationales Forschungsteam mit Jenaer Beteiligung hat Bodenproben untersucht, die die japanische Raumsonde Hayabusa-2 auf dem Asteroiden Ryugu einsammelte (Foto). Aus der Analyse des außerirdischen Materials lassen sich Erkenntnisse über die Entstehung des Asteroiden und die Prozesse gewinnen, die sich in den ersten fünf Millionen Jahren nach der Geburt unseres Sonnensystems abspielten. Darüber berichtete das Team in »Science« (DOI: 10.1126/science.abn8671Externer Link).

Die Forschenden fanden unter anderem Belege dafür, dass die »Kinderstube« von Ryugu nicht im zentrumsnahen Bereich unseres Sonnensystems gelegen hat, wo sich der Asteroid heute bewegt, sondern im äußeren Bereich. Denkbar sei, dass Ryugu früher ein Komet war. Bei seiner Annäherung an die Sonne sei das Wasser gewissermaßen verdunstet und der feste Staub blieb übrig. [Schimmel]

Test für das Stimmgedächtnis

Probandin testet den »Jena Voice Learning and Memory Test«.
Probandin testet den »Jena Voice Learning and Memory Test«.
Foto: Uta von der Gönna

Ein Jenaer Forschungsteam entwickelte einen standardisierten Test für das Stimmgedächtnis. Der frei im Internet verfügbare »Jena Voice Learning and Memory Test« soll Forschungsdaten zur Personenwahrnehmung besser vergleichbar machen und könnte perspektivisch auch in der klinischen Diagnostik oder Forensik verwendet werden.

Teilnehmende, die den Test absolvieren, lernen zunächst unterschiedliche Frauen- und Männerstimmen kennen. In der anschließenden Testphase geht es darum, die Lernstimmen mehrfach aus unterschiedlichen Hörproben zu erkennen. In der Evaluation hat sich der Test als verlässliches Instrument zur Messung der menschlichen Fähigkeit, Stimmen zu lernen und wiederzuerkennen, erwiesen. Das Studienteam konnte mit seinem im Journal »Behavior Research Methods« publizierten Test sogar Super-Recognizer für Stimmen und »stimmblinde« Menschen identifizieren (DOI: 10.3758/s13428-022-01818-3Externer Link). [vdG]

Neuer Ansatz in der Tumortherapie

Zelllinien, die Eigenschaften von Tumorzellen aufweisen werden am Institut für Biochemie und Biophysik untersucht.
Zelllinien, die Eigenschaften von Tumorzellen aufweisen werden am Institut für Biochemie und Biophysik untersucht.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Einen neuartigen Therapieansatz zur Behandlung bösartiger Tumore des Lymphsystems hat ein Forschungsteam der Universität Jena gemeinsam mit Forschenden aus Mainz, Regensburg und Montreal (Kanada) entdeckt. Wie das Team zeigt, führt die Behandlung bestimmter B-Zell-Lymphome mit dem Enzym-Inhibitor »Marbostat 100« zu einem deutlich verlangsamten Wachstum der Tumorzellen. Dies schreiben die Forschenden in der Zeitschrift »Oncogene« (DOI: 10.1038/s41388-022-02450-3Externer Link). Sie konnten zeigen, dass die spezifische Hemmung eines Enzyms (Histon-Deacetylase 6) zu einem signifikanten Absinken der Konzentration des Transkriptionsfaktors »Myc« in den Tumorzellen führt. Langfristiges Ziel sei es, eine neue Kombinationstherapie zur Behandlung aggressiver Krebsarten zu entwickeln. [US]

Licht beim Erlöschen zusehen

Der Doktorand Christian T. Plass betrachtet eine Probe am Institut für Festkörperphysik.
Der Doktorand Christian T. Plass betrachtet eine Probe am Institut für Festkörperphysik.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Ein Team der Universität Jena hat eine neue Kamera, die ultraschnelle Prozesse zeitaufgelöst misst, an der Röntgen-Nanosonde »ID16B« des europäischen Synchrotrons ESRF in Grenoble (Frankreich) installiert. Mit ihr konnte erstmals gemessen werden, wie das Licht eines Leuchtzentrums in einem Nanodraht nach dessen Anregung durch einen Röntgenpuls abklingt. Diese Grundlagenforschung eröffnet Potenziale, Nanodrähte in der Quantenkommunikation einzusetzen – zum Beispiel durch die Verwendung von Nanodrähten als Wellenleiter für Licht.Die Nanodrähte aus Halbleitermaterial enthalten sogenannte Fremdatome, die als Leuchtzentren fungieren. Ihre ersten Ergebnisse haben die Forschenden in der Fachzeitschrift »Advanced Science« veröffentlicht (DOI: 10.1002/advs.202205304Externer Link). [AB]

Blauer Pilz in neuem Licht

Belichtete Laborkultur des blauen Rindenpilzes, die die typische kobaltblaue Farbe zeigt.
Belichtete Laborkultur des blauen Rindenpilzes, die die typische kobaltblaue Farbe zeigt.
Foto: Stefanie Lawrinowitz

Der blaue Rindenpilz (Foto) wächst auf Baumstämmen und Ästen von Laubbäumen und zeichnet sich durch seine intensive kobaltblaue Farbe aus. Die Substanzklasse, aus der sich diese blaue Farbe ableitet, ist bei vielen Pilzarten verbreitet. Sie ermöglicht es den Pilzen, bioaktive Stoffe herzustellen, die Totholz abbauen und durch die sie mit ihrem mikrobiellen Umfeld interagieren.

Forschende des Exzellenzclusters »Balance of the Microverse« der Universität Jena befassten sich nun genauer mit der Frage, wie der Pilz diese blaue Substanz herstellt und fanden heraus, dass ein Faktor entscheidend ist: Licht. Sie konnten zeigen, dass das Gen, das für die Färbung sorgt, erst unter Lichteinfluss korrekt abgelesen werden kann. Die Ergebnisse der Studie stellen die Forschenden in der Fachzeitschrift »Microbiology Spectrum« vor (DOI: 10.1128/spectrum.01065-22Externer Link). [Gold]

Polymere verkapseln Duftstoffe

Die Doktorandin Frieda Nagler riecht an einer Duftstoffverkapselung, deren Geruch über die Nase wahrgenommen werden kann.
Die Doktorandin Frieda Nagler riecht an einer Duftstoffverkapselung, deren Geruch über die Nase wahrgenommen werden kann.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

So angenehm manche Düfte auch sind, zu große Mengen Parfum aus Kosmetika, Putz- oder Waschmitteln können zu einer Umweltbelastung werden, wenn sie ins Abwasser gelangen. Chemikerinnen und Chemiker der Universität Jena haben neuartige Polymere entwickelt, mit denen Duftstoffe verkapselt und so dosiert über einen längeren Zeitraum freigesetzt werden. Dadurch könnte die Umweltbelastung durch Duftstoffe deutlich reduziert werden. Seine Ergebnisse hat das Team im Fachmagazin »ACS Applied Materials & Interfaces« veröffentlicht (DOI: 10.1021/acsami.2c16205Externer Link).

Die Forschenden verwenden sogenannte Pfropfcopolymere. Diese bestehen aus einer langen Molekülhauptkette und kürzeren Seitenketten. Entwickelt werden Polymere, die in ihrer chemischen Struktur Duftstoffen ähneln, wodurch sie diese an sich binden können. [JK]