Verschiedene Ausgangsmaterialien für neuartige Hybridgläser.

Drei Fragen an

Prof. Dr. Thomas Douglas Bennett vom Department of Materials Science and Metallury der University of Cambridge. Er ist 2022 Gastprofessor im »Jena Excellence Fellowship Programme«.
Verschiedene Ausgangsmaterialien für neuartige Hybridgläser.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Prof. Dr. Thomas Bennett von der Universität Cambridge wird 2022 für drei Monate in Jena forschen.

Foto: privat

Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschungsarbeit?

Der Schwerpunkt meiner Forschungsgruppe liegt auf einer aktuellen Materialklasse, den metallorganischen Gerüstverbindungen (engl.: metal-organic frameworks, MOFs). Diese dreidimensionalen porösen Materialien bestehen aus anorganischen »Knoten«, die durch organische Moleküle miteinander verbunden sind, und haben in den zurückliegenden drei Jahrzehnten in der Materialwissenschaft eine enorme Bedeutung erlangt (siehe Kasten unten). Wir konzentrieren uns insbesondere auf die thermischen und mechanischen Eigenschaften von MOFs, um ihre Verarbeitbarkeit zu verbessern und sie beispielsweise in Hybridgläsern einzusetzen.


Was ist das Besondere an Hybridgläsern?

Hybridgläser unterscheiden sich von anorganischen Gläsern durch ihre hochgradig abstimmbare Chemie. Derzeit arbeiten wir daran, ihre mechanischen Eigenschaften besser zu verstehen, um solche Materialien gezielt herstellen und einsetzen zu können.

Welches Ziel verfolgt das Projekt, das Sie an der Universität Jena bearbeiten, und mit wem arbeiten Sie zusammen?

Dieses Projekt zielt darauf ab, neue Materialien an der Schnittstelle zwischen anorganischen Gläsern und MOFs zu entwickeln. Es geht darum zu verstehen, wie die kristallinen oder glasartigen Zustände von MOFs in anorganische Gläser integriert werden können. Zu den geplanten künftigen Anwendungen gehören Glasfassaden in Gebäuden in trockenen Klimazonen, die nachts Wasser aus der Luft aufnehmen und tags Wasser abgeben oder Handy-Bildschirme, die in der Lage sind, den Blutalkohol- oder Blutzuckergehalt zu messen.

Unser Konzept sieht vor, die Verarbeitbarkeit und Stabilität von anorganischem Glas mit der chemischen Funktionalität von MOFs zu kombinieren. Dafür wollen wir einerseits versuchen, anorganische Gläser mit kristallinen MOFs zu imprägnieren und andererseits anorganische und MOF-Schmelzen miteinander zu mischen und so neue Materialklassen entstehen zu lassen. Anschließend müssen wir diese neuen Materialien strukturell charakterisieren und ihre optischen, thermo-mechanischen und porösen Eigenschaften analysieren.

Ich werde in Jena intensiv mit Prof. Dr. Lothar Wondraczek und seinem Team zusammenarbeiten, ebenso mit Dr. Alexander Knebel, der mit seiner Nachwuchsgruppe auf dem Feld der Membrantechnologie arbeitet.

Hybridmaterialien aus klassischen Gläsern und metallorganischen Gerüstverbindungen (MOFs)

Metallorganische Gerüstverbindungen (MOFs) bilden dreidimensionale molekulare Netzwerke, wobei die Größe der durch die Gitterstruktur gebildeten Poren bis auf einige Nanometer genau eingestellt werden kann. Dadurch lassen sich die chemischen Eigenschaften dieser Substanzklasse an eine Vielzahl von Anwendungen gezielt anpassen. MOFs werden beispielsweise als Trennmembranen eingesetzt, als Speicher für Gase und Flüssigkeiten, als Träger für Katalysatoren oder für elektrische Energiespeicher.

Dabei werden MOFs bislang ausschließlich in ihrem kristallinen, geordneten Zustand genutzt. Dass sie sich aber auch schmelzen und zu Glas abschrecken lassen, ist erst seit wenigen Jahren bekannt. Neben den klassischen anorganischen Gläsern, organischen Kunststoff- und metallischen Gläsern, bilden die MOFs eine vierte Glas-Art, die aufgrund ihrer Porosität und ihrer mechanischen Eigenschaften für eine Vielzahl von Anwendungen interessant ist. Reines MOF-Glas ist jedoch in der Herstellung aufwendig und daher teuer.

Deshalb versuchen die Forschungsteams aus Cambridge und Jena, neue hybride Gläser zu entwickeln, die die Eigenschaften anorganischer und MOF-Gläser miteinander kombinieren.

Das Jena Excellence Fellowship Programme

Das Programm ist Teil der Strategie »LIGHT, LIFE, LIBERTY – Connecting Visions« der Universität Jena und soll die internationale Sichtbarkeit der Universität und ihre Attraktivität für internationale Spitzenforschende fördern. Das Programm steht Senior-Fellows und Postdocs offen, die in Jena forschen möchten. Alle Professorinnen und Professoren der Universität Jena können mögliche Fellows nominieren. Es werden jährlich ca. vier Senior-Fellowships und ca. vier Postdoctoral-Fellowships vergeben (www.uni-jena.de/excellence-fellowship).