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Forschung kurz und knapp

Emotionen mit Implantat erkennen

Doktorandin Celina von Eiff befestigt für die EEG-Studie mit Cochlea-Implantaten Elektroden an der Kappe eines Probanden.

Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Cochlea-Implantate können Menschen mit Hörverminderung dabei helfen, akustische Reize wahrzunehmen. Anders als Hörgeräte, die meist nur die Lautstärke von Geräuschen verstärken, regen die elektronischen Prothesen direkt den Hörnerv an. Ob sich mit den Implantaten auch »Zwischentöne« von Gesprochenem, also wie etwas gesagt wird, wahrnehmen lassen, das haben Forschende um Celina von Eiff vom Institut für Psychologie untersucht. Im Rahmen einer umfangreichen Studie haben die Forschenden festgestellt, dass die Wahrnehmung von sogenannten stimmlichen Emotionen bei Trägerinnen und Trägern von Cochlea-Implantaten deutlich vermindert ist. Über ihre Ergebnisse berichteten sie im Fachjournal »Ear and Hearing« (DOI: 10.1097/AUD.0000000000001181Externer Link). [sh]

Energiereiche Protonenstrahlen

Experiment zur Beschleunigung von Protonen mit Laserpulsen des POLARIS Systems.

Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Für die Protonenstrahltherapie zur Tumorbehandlung werden derzeit noch große Beschleunigungsanlagen benötigt. Forschende um Prof. Dr. Malte Kaluza tüfteln daran, wie sich die Protonenstrahlen auch mit kleineren Lasersystemen, mittels der sogenannten Laser-Plasma-Wechselwirkungen, erzeugen lassen und haben verschiedene Parameter, die dabei eine Rolle spielen, analysiert. Aus den Ergebnissen, die sie im Fachmagazin »Physical Review Research« (DOI: 10.1103/PhysRevResearch.4.013065Externer Link) veröffentlichten, konnten sie ein Set an optimalen Bedingungen ableiten, das zur maximalen Energieausbeute des Protonenstrahls führt. So lassen sich in Zukunft Lasersysteme so konfigurieren, dass damit deutlich energiereichere Protonenstrahlen erzeugt werden können als bisher. [US]

Grüner Wasserstoff auf Knopfdruck

Bestrahlungsapparatur, mit der Messungen für die aktuelle Publikation durchgeführt wurden.

Foto: Heiko Grandel

Ein Team des Sonderforschungsbereichs/Transregio »CataLight« hat einen Lösungsansatz für eine der größten Herausforderungen der solaren Energiewandlung präsentiert: Den Forschenden, unter ihnen auch Prof. Dr. Benjamin Dietzek-Ivanšić und Prof. Dr. Ulrich Schubert von der Uni Jena, ist es gelungen, ein System zu entwickeln, das die lichtgetriebene Herstellung von Wasserstoff zu jeder Tages- und Jahreszeit ermöglicht. Zukünftige Anwendungsbereiche dieser photochemischen Einheit reichen von der bedarfsgerechten Wärmeerzeugung bis zur Versorgung wasserstoffbetriebener Fahrzeuge »on demand«. Die Forschenden der Universitäten Ulm und Jena stellten ihr System, das auf einem einzigen Molekül beruht, das Sonnenlicht aufnehmen, Energie speichern und Wasserstoff herstellen kann, im Fachjournal »Nature Chemistry« vor (DOI: 10.1038/s41557-021-00850-8Externer Link). [Bingmann/AB]

Chemischer Hilferuf von Bäumen

Der »Hilferuf« wurde zum ersten Mal im natürlichen Lebensraum – im Blätterdach des Leipziger Auwaldes – nachgewiesen.

Foto: iDiv

Waldbäume senden bei Befall durch Raupen Duftstoffe aus. Damit locken sie räuberische Insekten und Vögel an und befreien sich so von ihren Plagegeistern. Was bislang nur in Labor- oder Gartenexperimenten nachgewiesen worden war, konnten Forschende des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig (iDiv) und der Universitäten Jena und Leipzig, unter der Leitung von Prof. Dr. Nicole van Dam, nun erstmals in einem natürlichen Lebensraum zeigen – im 40 Meter hohen Kronendach des Leipziger Auwaldes. Die chemischen Hilferufe sind so wirksam, dass sie die Zusammensetzung der Insektengemeinschaft im Blätterdach maßgeblich bestimmen. Dieses Wissen könnte künftig für die natürliche Schädlingsbekämpfung in Land- und Forstwirtschaft genutzt werden, so die Forschenden im Fachmagazin »Ecology Letters« (DOI: 10.1111/ele.13943Externer Link). [Tilch]

Das Phänomen Terrorismus

Eine Person betrachtet auf Smartphone und Laptop Bilder, die Aktivitäten des sogenannten Islamischen Staates darstellen.

Foto: Jan-Peter Kasper (Universität Jena)

Gemeinsam mit ihrer Fachkollegin Claudia Verhoeven von der Cornell University hat die Jenaer Historikerin Prof. Dr. Carola Dietze »The Oxford Handbook of the History of Terrorism« (ISBN: 978-0199858569) herausgegeben. Darin gehen die Wissenschaftlerinnen Fragen zum Terrorismus nach und untersuchen seine gesellschaftlichen Voraussetzungen und Folgen. Terrorismus, so die Herausgeberinnen, benötige heute die Massenmedien, damit er seine Wirkung entfalten kann. Das Internet sei dafür ideal: Täter können das Medium eigenständig bedienen, sie liefern selbst die Bilder, die ihnen wichtig sind. Die Botschaft der Gewalt richtet sich dabei immer an zwei Zielgruppen: Die Gruppe, deren Sympathie erhofft wird, und die andere, die in Angst und Schrecken versetzt werden soll. [sl]

Renaissance des Klassenbegriffs

Warnstreik von Bildungseinrichtungen 2011 auf dem Ernst-Abbe-Platz Jena.

Foto: Jan-Peter Kasper (Universität Jena)

Soziologinnen und Soziologen der Universität Jena haben das Buch »Die Wiederkehr der Klassen. Theorien, Analysen, Kontroversen« (ISBN: 978-3-593-51359-1) herausgegeben. Darin greifen sie die These von Prof. Dr. Klaus Dörre auf, der von einer »demobilisierten Klassengesellschaft« spricht. Zwar stehe noch immer eine Klasse der Vermögenden der Klasse der Lohnabhängigen gegenüber. Doch die Lohnabhängigen sehen heute anders aus als die Arbeiterklasse, wie sie etwa bei Karl Marx beschrieben wird. Außerdem lassen sich neue Gruppen innerhalb der lohnabhängigen Klasse unterscheiden: etwa eine arrivierte Klasse von »Besserverdienenden«, die traditionelle Arbeiterklasse und eine prekär beschäftigte Unterklasse, die zwischen Jobs und Hartz IV pendelt. [sl]

Pilzgattung geht eigenen Weg

Nikolai Löhr, Doktorand der Arbeitsgemeinschaft Pharmazeutische Mikrobiologie und Erstautor der Studie, zeigt Anthrachinon-Verbindungen im organischen Lösungsmittel in einem Versuchsaufbau.

Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Ein bislang unbekanntes Beispiel der »konvergenten Evolution«, der gleichartigen Anpassung unterschiedlicher Organismen an ihre Umwelt, haben Forschende vom Institut für Pharmazie der Universität Jena, des Leibniz-Instituts für Naturstoffforschung und Infektionsbiologie Jena und der Universität Freiburg i. Br. in der Pilzgattung der Schleierlinge entdeckt. Sie fanden heraus, dass die Pilze bestimmte Naturstoffe (Anthrachinone) produzieren, wie sie auch in Bakterien, Pflanzen und Schimmelpilzen vorkommen. Allerdings haben die Schleierlinge dafür einen ganz eigenen Stoffwechselweg entwickelt.

Seine Ergebnisse legte das Team um den Mykologen Prof. Dr. Dirk Hoffmeister im Fachmagazin »Angewandte Chemie« (DOI: 10.1002/anie.202116142Externer Link) vor. Schleierlinge sind eine der artenreichsten Gattungen der Pilze überhaupt. Etwa 2 000 Arten gibt es weltweit. [US]

Arbeitsteilung der Ameisen

In Bernstein aus der Kreidezeit eingeschlossene Fossilien von weiblichen Ameisen und einer Puppe.

Foto: Shûhei Yamamoto

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Biologen der Universität Jena hat in Fossilien den bislang frühesten Beweis für kooperatives Verhalten bei Ameisen entdeckt. Die Forschenden konnten anhand der Körperstrukturen von in Bernstein eingeschlossenen Ameisen der ausgestorbenen Gattung »Gerontoformica« zeigen, dass die Tiere bereits vor über 100 Millionen Jahren, also in der frühen Kreidezeit bzw. zur Zeit der Dinosaurier, einem arbeitsteiligen Sozialsystem folgten. Aufschluss über Art und Körperbau gaben den Forschenden Mikro-Computertomographie-Aufnahmen der Fossilien, darunter die erste Ameisenpuppe, die jemals in einem kreidezeitlichen Bernstein gefunden wurde. Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichten die Forschenden im Magazin »Zoological Journey of the Linnean Society« (DOI: 10.1093/zoolinnean/zlab097Externer Link). [sh]