Dr. Birgit Kreher-Hartmann in »ihrem Reich«, der Mineralogischen Sammlung der Universität Jena.

Mit Herzblut für Minerale und Gesteine

Dr. Birgit Kreher-Hartmann – ​Wissenschaftlerin, Musikerin, Sammlerin
Dr. Birgit Kreher-Hartmann in »ihrem Reich«, der Mineralogischen Sammlung der Universität Jena.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Dr. Birgit Kreher-Hartmanns Herz schlägt für Minerale und Gesteine. Schon als Kind begeisterte sie sich für das, was andere am Wegesrand achtlos übersehen. Heute ist sie Kustodin der Mineralogischen Sammlung der Universität Jena. Ihr Wissen und ihre Faszination möchte sie nicht nur Studierenden weitergeben, sondern vor allem Schülerinnen und Schülern. Das Porträt stellt die engagierte Wissenschaftlerin und ihre Leidenschaften vor.

Text: Vivien Busse


Beim Eintritt in die Mineralogische Sammlung erblickt man in fast jedem Winkel Vitrinen mit Mineralen und auch Gesteinen, die im Licht glitzernd und glänzend den Blick auf sich ziehen. Gleich im ersten Raum steht ein besonders großes und beeindruckendes Exemplar davon – ein Quarz, der aus nächster Nähe und ohne Glasvitrine um ihn herum bestaunt werden kann. Herrin der glänzenden, bunten und funkelnden Stücke ist Kustodin Dr. Birgit Kreher-Hartmann.

Liebe zur unbelebten Natur

Die Liebe zur unbelebten Natur wurde ihr bereits in die Wiege gelegt. Gemeinsam mit den Großeltern sammelte sie schon früh Steine und Minerale, die am Wegesrand lagen. »Das hat in der dritten Klasse im Heimat- und Sachkundeunterricht mit den Mineralen aus dem Harz angefangen«, erinnert sich Kreher-Hartmann. Später besuchte sie als Schülerin öffentliche Vorträge an der Universität in Braunschweig, in denen es um die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Mineralen, aber auch um ihr Vorkommen und ihre Bildung ging.

Besonders faszinierte sie die Mikroskopie der Minerale. Die Sammelleidenschaft hat sie sich bis heute erhalten. Neben Zustiftungen, Schenkungen und Nachlässen stammen einige Stücke der Mineralogischen Sammlung auch von privaten Reisen Kreher-Hartmanns. Als sie die Frage gestellt bekommt, ob und wie sehr ihre Leidenschaft für das Sammeln ihr Privatleben beeinflusst, muss sie lachen. »Mein Mann hat schnell gelernt, dass ›Handstücke‹ Geländeproben sind, für die man beide Hände zum Tragen benötigt«, sagt sie.

Mittlerweile umfasst die Mineralogische Sammlung, die Birgit Kreher-Hartmann seit knapp 30 Jahren leitet, mehr als 80 000 Objekte. Im Jahr 1779 gegründet ist die Sammlung heute am Lehrstuhl für Allgemeine und Angewandte Mineralogie des Instituts für Geowissenschaften angesiedelt.

Ihr Einstieg als Kustodin sei damals nicht ganz leicht gewesen, erzählt die heute 58-Jährige und fasst sich beim Erzählen an ihren Kettenanhänger – ein Stück geschliffenes, dunkelrotes Gestein. Über einen ihrer Promotionskollegen an der Universität Würzburg hatte sie von der ausgeschriebenen Stelle in Jena erfahren. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag als Leiterin der Sammlung sollte sie spontan eine Führung übernehmen. »Alle Kollegen gingen, aber ich hatte am Telefon – perplex wie ich war – die Führung für eine Schulklasse bestätigt. Über Mineralogie konnte ich einiges erzählen nach meinem Studium. Aber ich hatte zu dem Zeitpunkt noch überhaupt keine Ahnung davon, was sich alles in der Sammlung befindet.« Das ist heute natürlich anders.

Dr. Birgit Kreher-Hartmann hält einen geschnittenen und polierten Carneol aus der Umgebung um Schöngleina in ihren Händen.
Dr. Birgit Kreher-Hartmann hält einen geschnittenen und polierten Carneol aus der Umgebung um Schöngleina in ihren Händen.
Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Lieblingsobjekt in Grün

Ihr Lieblingsstück der Sammlung ist ein Smaragdkristall aus Muzo in Kolumbien. »Eigentlich ist Grün nicht so meine Farbe, auch wenn ich gerne im Grünen, in der Natur bin«, erklärt die begeisterte Radfahrerin. »Aber dieses Grün ist berauschend schön.« Der besagte Kristall ist vollkommen transparent und hebt sich von den umgebenden Calcit-Kristallen deutlich ab.

Die Sammlung ist für Birgit Kreher-Hartmann aber nicht nur ein Museum, sondern auch ein pädagogisch wichtiger Bildungsort. »Minerale sind das, woraus wir unsere Welt aufbauen. Sie sind die Bausteine und die Rohstoffe für alles, was wir im täglichen Leben verwenden.« Dass Mineralogie im Lehrplan von Schulen nur am Rande vorkommt, sieht sie kritisch. »Wenn ich eine Birke nicht von einem Nadelbaum unterscheiden kann, ist das ein Problem. Aber wenn man einen Basalt vom Granit nicht unterscheiden kann, stört das niemanden.« Kreher-Hartmann bietet deshalb verschiedene Workshops für Schulen und Weiterbildungen für Lehrende an. Auch Gäste der Universität führt sie regelmäßig durch die Sammlung.

Ihre Leidenschaft für Minerale und Gesteine und die wissenschaftliche Sammlung wird auch außerhalb der Universität wahrgenommen. Für ihr Engagement ist sie mit der Bernhard-von-Lindenau-Medaille vom Museumsverband Thüringen auszeichnet worden.

Doch damit ist bei Birgit Kreher-Hartmann das Engagement bei Weitem nicht ausgeschöpft. Seit vielen Jahren ist sie Jury-Mitglied beim Wettbewerb »Jugend forscht« in Thüringen, sie ist Pressereferentin der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft und leitet zudem noch die Mineralien-AG am Staatlichen Naturhistorischen Museum Braunschweig. Zudem war sie viele Jahre Sprecherin und stellvertretende Sprecherin des Arbeitskreises der Mineralogischen Museen und Sammlungen im deutschsprachigen Raum.

Ausgleich zu ihrem beruflichen und ehrenamtlichen Engagement findet Birgit Kreher-Hartmann in der Musik. Sie spielt seit 25 Jahren Bratsche in der Akademischen Orchestervereinigung. Seit der 10. Klasse ist die Bratsche ihr Instrument, davor lernte sie vier Jahre lang Geige. Neben dem Orchester spielt Kreher-Hartmann zusätzlich in einem Streich-Quartett. »Die Musik ist ein Ausgleich, der für innere Ruhe sorgt«, sagt sie. Zudem bringe die Musik Menschen zusammen, etwa beim Austausch mit einem japanischen Orchester und Orchesterfahrten nach Italien oder Dänemark. Auch der Austausch innerhalb des Orchesters in Jena mit den Menschen aus anderen Bereichen der Universität tue ihr gut.

Ausgleich auf dem Rad

Als weiteren Ausgleich zur Arbeit freue sie sich auch immer auf ein paar ruhige Urlaubstage mit ihrer Familie, sagt Kreher-Hartmann, die mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Jena wohnt. »Zum Beispiel beim Fahrradfahren in Brandenburg.« Doch die Liebe und das wache Auge für Minerale lässt sie auch im Urlaub nicht los. So wird sie auch weiterhin hier und da sammeln oder die Natur und ihre Wunderwerke bestaunen.